
Die Geschichte des Jiu-Jitsus ist mehrere Jahrhunderte alt und erstreckt sich über den halben asiatischen Kontinent. Auch wenn die genaue Herkunft noch immer unklar ist, wird vermutet, dass sich die Ursprünge in der mittelalterlichen indischen Massagekunst wiederfinden lassen. Diese entwickelte detaillierte Kenntnisse über Nerven- und Schmerzpunkte des gesamten menschlichen Körpers, welche im Fortgang der Zeit in China in ein System einzelner Kampf-Techniken übertragen wurden. Nach der Aufnahme eines Chinesen in den japanischen Adelsstand der Samurai – so will es wenigstens die Legende – lehrte dieser die japanischen Ritter in diesen Techniken. Schnell entwickelten diese sich zu einem System der waffenlosen Kampfkunst, welche die kriegerische Ausbildung der Samurai komplettierte. Im Fokus stand dabei der Ansatz, die Angriffskraft des Gegners so effektiv und angemessen wie möglich gegen ihn selbst zu verwenden. Die im 18 Jahrhundert entstandene Bezeichnung Jiu-Jitsu bezeugt diese Entwicklung, heißt sie doch frei übersetzt so viel wie: die sanfte Kunst.
Ende des 19. Jahrhundert ist es schließlich der Seefahrt zu verdanken, dass diese Kunst der Selbstverteidigung bis nach Deutschland kam. Die wichtigste Rolle spielte dabei Erich Rahn, der die Kunst von dem japanischen Meister Higashi erlernte und 1906 die erste deutsche Jiu-Jitsu Schule in Berlin eröffnete. Als erster deutschsprachiger Großmeister verhalf er dem Jiu-Jitsu auch in Deutschland zu Popularität und größerer Bekanntheit. Unterbrochen durch die zwei großen Weltkriege, etablierte sich das Jiu-Jitsu in den 50er Jahren fest in der deutschen Budo-Szene, wobei Rahn als erster deutscher Großmeister fungierte.
Auf ihn folgten im deutschsprachigen Raum der Schweizer Robert Tobler und der deutsche Hans-Gert Niederstein. Dieser prägte stark die gegenwärtige Jiu-Jitsu Landschaft in Deutschland, insbesondere durch seine Gründung des Deutschen Jiu-Jitsu Bundes (DJJB) sowie der Korporation Internationaler Danträger (KID) in den 1970er Jahren. Niederstein ernannte kurz vor seinem Tode Dieter Lösgen zum neuen Großmeister, indem er ihm den 9. Sowie 10. Dan verlieh. Noch heute übt „Mr. Pain“, wie Lösgen international genannt wird, einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Jiu-Jitsu in Deutschland aus.
Das heutige Jiu-Jitsu zeichnet sich als Kampfkunst rein zum Zwecke der Selbstverteidigung aus. Es kombiniert in sich viele verschiedene Elemente der Budo-Sportarten. Die Philosophie liegt darin, immer genau diejenige Technik auswählen zu können, die dem Angriff angemessen ist. Die Techniken setzen sich hauptsächlich aus den Komponenten Schläge, Tritte, Würfe, Hebel und Festhaltetechniken zusammen, die in verschiedenen Kombinationen zum Einsatz kommen können. Erlaubt ist dabei all das, was der eigenen Selbstverteidigung dienlich ist.
Der Jiu-Schüler (Jiuka) wird langsam an all diese Techniken herangeführt. Mit steigender Graduierung werden auch die Techniken komplizierter und entsprechend mit den Angriffen durchaus gefährlicher. Das Ziel, was jeder Jiuka anstrebt, ist neben kontinuierlichem Lernen die Fähigkeit, gewalttätige Situationen grundsätzlich zu vermeiden.